Wenn’s im Raum plötzlich still wird – und spürbar enger

Manchmal sind es nicht die großen Eskalationen, sondern die kleinen Sätze, die alles verändern. So wie dieser hier:

"Ich hatte den Eindruck, dass ich die Verantwortung für das Scheitern des letzten Sprints allein tragen musste."

Ein Satz, der mitten ins Teamgefühl trifft. Und oft eine ganz eigene Reaktion auslöst: Betretenes Schweigen. Unruhe. Rechtfertigung. Oder auch: Abwehr. Denn plötzlich steht nicht mehr nur das Was im Raum – sondern das Wie. Nicht nur das Ergebnis, sondern die Beziehung.

Wenn Retros unbequem werden – und genau deshalb wichtig sind

In einer Retro erzählt ein Entwickler, dass er nach dem Abbruch eines Features mehrfach angesprochen wurde, warum "sein Teil" nicht funktioniert habe – obwohl die Entscheidungsfindung im ganzen Team stattgefunden hatte. Er sagt es ruhig. Aber die Wirkung ist spürbar.

Manche schauen weg. Andere nicken zögerlich. Und wieder andere wirken überrascht: "Das war doch gar nicht so gemeint."

Doch genau das ist der Punkt: Es geht nicht um die Absicht – sondern um die Wirkung. Und darum, dass jemand genug Vertrauen hat, das anzusprechen. Genau darin liegt die Chance.

Was solche Momente brauchen

  • Ernstnehmen, ohne zu dramatisieren. Es geht nicht darum, Schuldige zu finden – sondern Perspektiven sichtbar zu machen.

  • Nicht sofort in den Lösungsmodus springen. Beziehungsarbeit braucht Raum. Schnelle Antworten sind hier oft Ausweichen.

  • Haltung zeigen, nicht Kontrolle. Wer als Moderator*in oder Führungskraft in solchen Momenten präsent bleibt, ermöglicht Entwicklung.

Ein Satz wie "Lass uns kurz bei dem bleiben, was du gesagt hast" reicht oft, um dem Thema Tiefe zu geben – ohne es zu zerreden.

Entwicklung findet im Zwischenraum statt

Zwischen dem Impuls zu erklären und der Fähigkeit zuzuhören liegt der Raum, in dem Teams wachsen. Denn wenn es gelingt, diese Zwischenräume zu halten, entsteht nicht nur Klärung – sondern Vertrauen. Kein falsches Harmoniegefühl, sondern echte Verbindung.

Und ja: Manchmal bleibt am Ende einer Retro eine gewisse Unschärfe. Keine Lösung. Kein fertiges "Jetzt ist es gut". Aber dafür etwas anderes: Ein Gefühl von Gesehenwerden. Und das ist oft mehr wert als jede To-do-Liste.


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Indirektes Feedback ist kein Service – es ist Risiko

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Retrospektiven neu denken: Jenseits von „Was lief gut, was lief schlecht?“