Indirektes Feedback ist kein Service – es ist Risiko

"Ich wollte das nur mal weitergeben – mir wurde zugetragen, dass einige sich an deiner Art im Daily stören."
So ein Satz fällt nicht selten. Und wirkt, als würde da jemand schlicht informieren. Aber was da eigentlich passiert, ist: Es wird etwas in den Raum gestellt, das weder greifbar noch direkt ansprechbar ist. Es bleibt anonym, vage – und damit hochwirksam. Im negativen Sinn.

Indirektes Feedback ist kein neutraler Service. Es ist Kommunikation mit Umweg. Und auf diesem Umweg geht fast immer etwas verloren: Kontext, Intention, Verantwortung. Statt Klarheit entsteht Unsicherheit. Statt Verbindung – Distanz.

Gerade in agilen Teams, die auf Transparenz, Eigenverantwortung und Vertrauen bauen, wird das schnell zum Problem. Denn indirektes Feedback stellt weniger eine Brücke dar, sondern eher einen Stolperstein auf dem Weg zu echter Zusammenarbeit.

Die schleichende Gefahr der Zwischentöne

Stell dir vor: Eine Kollegin bekommt gespiegelt, dass "manche ihre vielen Fragen als anstrengend empfinden." Ohne Namen. Ohne Gespräch. Nur diese Info. Was bleibt, ist Verunsicherung. Was genau war zu viel? Wer fühlt sich gestört? Was heißt das jetzt fürs nächste Meeting?

So wird Feedback zur Last. Nicht zur Lernchance. Denn ohne echten Dialog fehlt der Raum, um Fragen zu stellen, Perspektiven auszutauschen oder Missverständnisse aufzulösen. Statt Entwicklung entsteht Frust. Oder Rückzug.

Warum wir es trotzdem tun

Indirektes Feedback wirkt vermeintlich schonend. Es schützt – vor Ablehnung, vor unangenehmen Gesprächen, vor Emotionen. Man muss sich nicht reiben. Man bleibt in der Beobachterrolle. Und gerade wer Konflikte scheut oder sich selbst nicht sicher ist, ob das Feedback "berechtigt" ist, neigt dazu, es weiterzuleiten statt zu begleiten.

Aber genau da liegt das Risiko: Was gut gemeint ist, wirkt oft wie ein Schlag durch die Hintertür. Es schwächt Vertrauen – besonders dann, wenn es regelmäßig passiert.

Was Teams und Führungskräfte stattdessen brauchen

Indirektes Feedback ist ein Signal. Es zeigt: Da gibt es etwas, das gesagt werden will – aber nicht direkt gesagt werden kann. Die Frage ist: Warum?

Führungskräfte, Coaches und Kolleg*innen können solche Momente nutzen, um Dialogfähigkeit zu stärken. Nicht, indem sie die Botschaft weitergeben. Sondern indem sie die Person stärken, die sie empfängt.

  • "Was hält dich davon ab, es direkt anzusprechen?"

  • "Was würde dir helfen, das ins Team zu bringen?"

  • "Willst du es allein ansprechen – oder sollen wir es gemeinsam tun?"

Statt Stellvertreter*innen braucht es Mutmacher*innen. Und Räume, in denen echtes Feedback nicht zur Gefahr wird – sondern zur Einladung.

Feedback gehört dahin, wo es hingehört

Ein Team ist kein Ort für stille Post. Es ist ein Lernfeld. Und Lernen braucht Rückmeldung – direkt, offen, zugewandt. Nicht perfekt formuliert, aber echt gemeint.

Und ja: Es ist oft unbequem. Aber das ist kein Nachteil. Sondern ein Zeichen dafür, dass etwas in Bewegung ist.


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Perfekt sein ist nett. Echt sein hilft mehr.

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Wenn’s im Raum plötzlich still wird – und spürbar enger