Was ist ein Agile Coach? Und was nicht?

Die Rolle des Agile Coaches ist nicht einheitlich, unternehmensübergreifend definiert. Nicht selten führt dies zu Missverständnissen. Manche sehen ihn als eine Art "Super-Scrum-Master", andere als Change-Manager mit agilem Fokus. Doch ein Agile Coach ist weder das eine noch das andere – und vor allem geht’s nicht ums reine Methodenvermitteln.

Lass uns gemeinsam klären, was ein Agile Coach (aus unserer Sicht) wirklich ist, was ihn ausmacht und – genauso wichtig – was er nicht tut.

Was macht ein Agile Coach?

Ein Agile Coach begleitet Menschen, Teams und Organisationen auf ihrem Weg zu einer agilen Denkweise und Arbeitsweise. Dabei geht es nicht darum, einfach Methoden auszurollen oder ein Framework zu implementieren. Vielmehr hilft ein Agile Coach dabei, ein agiles Mindset zu entwickeln, Eigenverantwortung zu stärken und nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Im Grunde unterstützen Agile Coaches in der Erfüllung der agilen Prinzipien.

Ein guter Agile Coach:

  • Coacht statt zu belehren – stellt Fragen, öffnet Perspektiven und unterstützt Teams und Führungskräfte dabei, ihre eigenen Lösungen zu finden.

  • Fördert echte Selbstorganisation – Agilität bedeutet nicht, einfach nur neue Prozesse einzuführen. Es geht darum, Verantwortung dorthin zu geben, wo sie hingehört.

  • Begreift Organisationen als Systeme – Veränderung passiert nicht isoliert. Ein Agile Coach versteht Zusammenhänge und hilft, Blockaden aufzulösen.

  • Hinterfragt Muster und Glaubenssätze – Oft sind es unbewusste Annahmen, die Veränderung bremsen. Ein Agile Coach unterstützt im Aufdecken dieser und schafft den Raum für neue Denkweisen.

  • Begleitet Führungskräfte in ihrer neuen Rolle – Agile Führung bedeutet loszulassen, Orientierung zu geben und in passenden Momenten in einer coachenden Haltung für das eigene Team zu agieren.

Scrum Master vs. Agile Coach – Wo liegt der Unterschied?

Ein Scrum Master sorgt dafür, dass Scrum in einem oder mehreren Teams funktioniert. Er schützt das Team vor Störungen, moderiert Meetings und sorgt dafür, dass Hindernisse beseitigt werden. Der Fokus liegt hier ganz klar auf der Teamebene. Und gute Scrum Master*innen können maximal zwei Teams richtig gut begleiten, gerne auch nur eines. Sie haben nämlich mehr zu tun als “ein paar Meetings” zu moderieren.

Ein Agile Coach hingegen:

  • Arbeitet auf mehreren Ebenen – mit Teams, Führungskräften und ganzen Organisationen.

  • Hat häufig ein breites Methoden-Repertoire – neben Scrum auch Kanban, Lean, Design Thinking und mehr.

  • Setzt übergreifende Impulse für die agile Transformation, anstatt nur ein einzelnes Framework umzusetzen.

  • Stärkt systemisches Denken und unterstützt bei komplexen Herausforderungen.

Während Scrum Master*innen operativ in Teams arbeiten, begleiten Agile Coaches die gesamte Organisation auf einer strategischen Ebene.

Was macht ein Agile Coach – und was nicht?

  • Ermöglichen statt vorgeben – Ein Coach schafft Rahmenbedingungen, in denen Teams selbst Lösungen entwickeln. Das ist Coaching.

  • Kritische Fragen stellen – Transformation bedeutet, alte Denkmuster zu hinterfragen und neue Wege zu erproben.

  • Individuelle Entwicklungsprozesse begleiten – Jeder Mensch und jedes Team hat seine eigene Lernkurve.

  • Führungskräfte als Coaches stärken – Ohne eine Veränderung in der Führungskultur bleibt Agilität oft nur Fassade.

  • Nachhaltige Veränderungen unterstützen – Agilität ist keine einmalige Umstellung, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess.

Was ein Agile Coach definitiv nicht tun sollte:

  • Als „Agilitäts-Polizei“ auftreten – Agilität wird nicht durch strikte Regeln, sondern durch Haltung und Prinzipien gelebt.

  • Teams sagen, was sie tun sollen – Coaching bedeutet, den Weg zu begleiten, nicht ihn vorzugeben.

  • Nur Methoden einführen – Ohne kulturellen Wandel bleibt jede Methode wirkungslos.

  • Sich selbst als Held inszenieren – Ein Agile Coach ist kein Guru, sondern ermöglicht. Im besten Fall macht sich ein Agile Coach überflüssig.

Ein echter Coach, kein Rezeptlieferant

Ein Agile Coach ist nicht dafür da, Checklisten abzuarbeiten, Tickets zu pflegen oder Frameworks durchzudrücken. Er begleitet Menschen dabei, neue Wege zu entdecken, Verantwortung zu übernehmen und ein agiles Mindset zu entwickeln. Das erfordert Fingerspitzengefühl, echtes Interesse an Menschen und die Fähigkeit, Impulse zu setzen ohne zu drängen. Genau deshalb sollten Agile Coaches eine Coachingausbildung haben, denn gute Coaches haben ihre eigenen Themen klar und arbeiten als Coach — mit Coachinghaltung.

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02/2025: Agiles Coaching?

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