Perfekt sein ist nett. Echt sein hilft mehr.

In vielen Teams gehört es zum ungeschriebenen Kodex: Wer vorne steht – sei es als Führungskraft, als Scrum Master oder als erfahrenes Teammitglied – sollte souverän, sicher und kontrolliert wirken. Zweifel? Werden weggelächelt. Unsicherheiten? Gehören in die Kaffeeküche, nicht ins Meeting.

Doch genau diese Haltung verhindert oft, was Teams eigentlich stark macht: echte Verbindung, gegenseitiges Vertrauen und gemeinsames Lernen.

Wenn jemand sagt: „Ich bin gerade unsicher“, passiert etwas im Raum

In einem Planning-Meeting äußert ein erfahrener Entwickler: "Ich merke, dass ich bei dieser User Story noch keinen guten Plan habe. Ich brauche da Unterstützung." Ein Satz, der Mut kostet, und der in einem vertrauensvollen Team auf Resonanz stößt. Andere sagen: "Geht mir ähnlich" oder "Lass uns da gemeinsam draufschauen."

Die Wirkung ist spürbar: Das Team wird offener. Die Zusammenarbeit ehrlicher. Und der Erwartungsdruck sinkt. Denn jemand hat den Raum geöffnet – durch Offenheit, nicht durch Kontrolle.

Echtheit schafft Sicherheit

Psychologische Sicherheit entsteht nicht durch perfekte Prozesse. Sie entsteht, wenn Menschen merken: Ich darf hier ich sein. Auch mit Unsicherheit. Auch mit Fehlern. Auch mit Fragen.

Echte Teams zeigen sich nicht nur, wenn sie glänzen. Sondern gerade dann, wenn etwas nicht rundläuft. Und sie wachsen an genau diesen Momenten – wenn jemand sagt:

  • "Ich war da unsicher, und ich habe es gemerkt."

  • "Ich habe einen Fehler gemacht – und möchte das offen ansprechen."

  • "Ich weiß gerade nicht weiter – wer hat eine Idee?"

Offenheit braucht Vorbilder

Je höher die Position, desto größer die Wirkung. Wenn Führungskräfte Unsicherheit offen zeigen können, entsteht im Team Raum für mehr Echtheit. Wer dagegen immer alles im Griff haben muss, zieht oft Teams heran, die schweigen – selbst wenn es brennt.

Drei Fragen zur Selbstreflexion:

  1. Wann hast du zuletzt in einem Meeting offen gezeigt, dass du etwas nicht weißt?

  2. Wie reagierst du, wenn jemand Unsicherheit zeigt: mit Offenheit oder mit Lösungen?

  3. Was würde passieren, wenn du weniger perfekt wärst – aber echter?

Echtheit als Einladung

Die Arbeitswelt braucht keine glänzenden Held*innen. Sie braucht Menschen, die zuhören, sich zeigen und gemeinsam lernen wollen. Denn echte Veränderung beginnt dort, wo Menschen den Mut haben, nicht alles zu wissen – aber gemeinsam weiterzugehen.


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Mehr als bunte Zettel – Mut zum Finger in der Wunde

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