Urlaub ist kein Luxusgut

Wir alle wissen, dass es Urlaub und Erholung braucht. Wer leistungsfähig sein und bleiben will, muss regelmäßige Auszeiten und Pausen einplanen.

Der Text: Stress verringert den Erholungseffekt. Wer dauerhaft unter Strom steht, kann sich schlechter erholen & nimmt sich weniger Auszeiten.

Aber Studien zeigen auch das Erholungsparadoxon: Eine hohe Anzahl an Arbeitsstressoren führt oft zu einer geringeren Fähigkeit, sich zu erholen. Negative Stimmung, Erschöpfung und ständige Erreichbarkeit beeinträchtigen die Möglichkeiten der Erholung erheblich. Im Klartext heißt das: Personen, die regelmäßig einem hohem Stresslevel ausgesetzt sind, haben es schwerer effektive Erholung zu erleben. Selbst dann, wenn sie sich regelmäßig bewusst Auszeiten nehmen. Hinzu kommt, dass ein dauerhaft hohes Stresslevel eher dafür sorgt, auf Auszeiten zu verzichten, weil die gedankliche und mentale Ablösung von diesem Zustand schwieriger wird.

Stressoren sind hierbei vor allem hohe Arbeitsanforderungen (wie Arbeitsbelastung und Zeitdruck), Rollenunklarheit und organisatorische Beschränkungen, die die Arbeit täglich behindern, sowie soziale Faktoren, wie schlechte Stimmung oder im Extremfall Diskriminierung und Mobbing.

Diese Stressoren können zu körperlichen und psychischen Beschwerden führen, die von Kopfschmerzen und Müdigkeit bis hin zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen reichen.

Wer also dauerhaft unter Stress ist, braucht Auszeiten mehr als andere, nimmt diese aber meist weniger in Anspruch und kann diese auch seltener effektiv nutzen.

Leisure Sickness: Wenn Erholung krank macht

Wer kennt das? Der lange geplante Urlaub steht endlich an. Kaum beginnen die freien Tage, wirst du krank. Dieses Phänomen hat einen Namen: “Leisure Sickness”.

Der Text: Leisure Sickness beschreibt das Phänomen, dass Krankheiten vor allem dann auftreten, wenn eine Erholungsphase beginnt.

Viele Menschen entwickeln Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Migräne, Müdigkeit oder Muskelschmerzen genau dann, wenn sie eigentlich entspannen sollten – am Wochenende oder im Urlaub. Dieses Phänomen ist keine Einbildung, das gibt es wirklich. Die Ursachen sind vielfältig, aber oft liegt es daran, dass der Übergang von der stressigen Arbeitswoche zur Freizeit nicht reibungslos verläuft. Wenn zudem sowieso Viren oder Bakterien im Körper sind, nutzen diese die Gelegenheit des Stressabfalls in der Übergangsphase, um sich ihren Weg zu bahnen. Auf den ersten Blick hilft ein hohes Stresslevel also gegen Krankheiten — aber das ist natürlich ein Trugschluss. Denn: Auf lange Sicht erhöht ein dauerhaft hohes Stresslevel das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen. Viel Stress mit kaum Auszeiten ist also wirklich keine Lösung.

Urlaubseffekte: Kurz und bündig, aber wertvoll

Urlaub kann eine positive Wirkung auf Gesundheit und Wohlbefinden haben. Studien zeigen, dass bereits kurze Auszeiten helfen können, Stress aktiv abzubauen und die allgemeine Erschöpfung zu reduzieren. Allerdings sind diese Effekte oft nur von kurzer Dauer und verschwinden schnell nach der Rückkehr zur Arbeit. Wir kennen das: Bleibt die Arbeit während des Urlaubs liegen oder ist das Stresslevel dauerhaft sehr hoch, reicht manchmal schon der erste Arbeitstag, um das Gefühl auszulösen: Das Urlaubsfeeling ist direkt wieder vorbei. Es ist alles wie immer. Der Stress fühlt sich genauso an wie vorher.

Es gibt jedoch Möglichkeiten, die positiven Auswirkungen einer Auszeit oder eines Urlaubs zu verlängern. So ist es wichtig, den Urlaub gut zu planen und die Rückkehr zur Arbeit strukturiert zu gestalten.

Die Frage lautet also: Wie können Unternehmen, Teams und auch Individuen diese Studienerkenntnisse aktiv nutzen, um Erholungsmöglichkeiten tatsächlich zu verbessern?

1. Proaktive Erholung fördern:

Organisationen sollten Pausen und Urlaub nicht nur ermöglichen, sondern auch aktiv fördern. Workshops zu Erholungstechniken, Entspannungsübungen oder geführte Meditationen können hier unterstützen.

2. Technologische Entkoppelung:

Klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit helfen nachgewiesenermaßen dabei, den Erholungseffekt zu erhöhen. Es braucht Strukturen, Abläufe und Prozesse, die eine Entkoppelung ermöglichen. Natürlich kann man es sich selbst vornehmen, im Urlaub nicht ständig in die E-Mails oder den Team-Chat zu schauen. Es braucht allerdings auch und vor allem Organisationssysteme, die es Mitarbeitenden möglich machen, dies mit einem guten Gefühl zu tun. Das ist Aufgabe von Organisationen, nicht (nur) von den Individuen.

3. Urlaub effektiv gestalten:

Urlaub gezielt zu planen, kann die positiven Erholungseffekte der Auszeiten verlängern. Mehrere kürzere Urlaube über das Jahr verteilt sind oft effektiver als ein langer Urlaub. Zusätzlich spielt es eine wichtige Rolle, wie die Rückkehr zur Arbeit gestaltet wird: Es kann unterstützend wirken, die Arbeitswoche nach der Auszeit an einem Mittwoch oder Donnerstag zu beginnen, um einen langsamen Start zu ermöglichen. Auch die Gestaltung dieser Tage hat Auswirkungen. Vereinbarungen wie “keine Termine am Tag nach dem Urlaub” können dabei helfen, Erholungseffekte aufrecht zu erhalten.

4. Persönlichkeitsmerkmale berücksichtigen:

Menschen sind unterschiedlich. So gibt es auch individuelle Unterschiede in der Fähigkeit, sich zu erholen. Mitarbeitende mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein oder Perfektionismus brauchen manchmal spezielle Unterstützung, um effektiv abzuschalten. Klare Vertretungsregelungen, Sicherheit bezüglich der Bearbeitung von wichtigen Aufgaben, aber auch unterstützende individuelle Coachings können hier hilfreich sein.

5. Arbeitsumfeld stressfrei gestalten:

Der Text: Erholung ist Führungsaufgabe, wer sich nicht aktiv mit der Erholung seiner Mitarbeitenden beschäftigt, übersieht einen entscheidenden Anteil der eigenen Aufgabe.

Am wichtigsten: Die Reduktion von Arbeitsstressoren selbst muss stets ein Ziel sein. Klare Rollenbeschreibungen, realistische Zielsetzungen und eine offene, unterstützende Unternehmenskultur sind entscheidend. Personen, die dauerhaft weniger Stress ausgesetzt sind, können besser abschalten und Erholungseffekte besser für sich nutzen. Teams und Einzelpersonen sollten ermutigt werden, Stressfaktoren zu reduzieren. Organisationen sollten hierbei unterstützen, aber vor allem auch ihre Verantwortung wahrnehmen. Ein dauerhaft hohes Stresslevel ist immer auch ein systemisches Problem, welches nicht von Teams und einzelnen Mitarbeiter*innen allein gelöst werden kann.

Die Reduktion von Stressoren ist Führungs- und Managementaufgabe und darf nicht auf die Schultern der betroffenen Personen abgeladen werden.

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Von Perfektion bis Stärke: Die fünf inneren Antreiber

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Ohne Auszeiten auch kein Erfolg