Psychologische Sicherheit in Teams und Unternehmen

Das Konzept psychologischer Sicherheit innerhalb von Teams und Organisationen ist keine Neuheit. Geprägt wurde der Begriff 1965 durch Edgar Schein und Warren Bennis (Organisationspsychologen und Organisationsentwickler). Seitdem haben viele Forscher*innen zur Präzisierung dieses Phänomens beigetragen.

Definitionen und Hintergründe

Laut Warren Bennis und Edgar Schein lässt sich psychologische Sicherheit als ein Umfeld beschreiben, das zu vorläufigen Versuchen ermuntert und Scheitern so akzeptiert, dass dies weder zu Angst vor Bestrafung, noch zum Aufgeben oder zu Schuldgefühlen führt. Ihrer Beobachtung nach zeigen Personen, die sich psychologisch sicher fühlen, eine erhöhte Bereitschaft und Kompetenz, sich auf Veränderungen einzulassen.

Amy C. Edmondson, führende Forscherin auf dem Gebiet an der Harvard Business School, definiert psychologische Sicherheit als das Vertrauen darauf, dass das Team niemanden bloßstellen, zurückweisen oder bestrafen wird, der seine Meinung äußert. Ihre Studien haben ergeben, dass Teams, die ein solches Sicherheitsgefühl aufweisen, im Hinblick auf Lernen und ihre Ergebnisse erfolgreicher sind.

William Kahn von der Boston University School of Management charakterisiert psychologische Sicherheit als das Vermögen, sich selbst einzubringen und sich zu zeigen, ohne Furcht vor negativen Konsequenzen für das Selbstwertgefühl, den Status oder die Karriere. Diese Fähigkeit basiert auf der Überzeugung, dass man sich so verhalten kann, ohne sich der Gefahr von Beschämung, Ablehnung oder Geringschätzung auszusetzen. Diese unterschiedlichen Definitionen verdeutlichen die Breite und Komplexität des Themas psychologischer Sicherheit, welches weit über die bloße Beteiligung aller Teammitglieder oder das Einbringen von Ideen hinausgeht.

Google-Studie: Aristoteles

Eine 2016 veröffentlichte Untersuchung von Google bescherte dem Aspekt der psychologischen Sicherheit erneut Aufmerksamkeit. Ziel der Studie war es herauszufinden, warum einige Teams besonders erfolgreich agierten. Die initiale These fokussierte auf die Frage: Wer muss zusammenarbeiten, damit dieser besondere Erfolg eintritt?

Die Ergebnisse offenbarten jedoch, dass nicht die Zusammensetzung des Teams, sondern vielmehr die Art und Weise der Zusammenarbeit ausschlaggebend ist. Dabei wurden fünf Säulen der Effektivität identifiziert, an deren Spitze die psychologische Sicherheit steht.

Das Stufenmodell von Clark

Ich fühle mich sicher genug, um meine Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen

2023 veröffentlichte der Sozialwissenschaftler Timothy Clark sein Werk „Die vier Stufen der psychologischen Sicherheit“, in dem er folgende Ebenen definiert:

1. Inclusion Safety: Das Gefühl, sicher genug zu sein, um die eigene Persönlichkeit zu zeigen.

2. Learner Safety: Das Gefühl, sicher genug zu sein, um Fehler zu machen und Feedback zu geben bzw. zu erhalten.

Ich fühle mich sicher genug, um ohne Angst vor Verspottung meine eigenen Ideen einzubringen

3. Contribution Safety: Das Gefühl, sicher genug zu sein, um eigene Ideen ohne Furcht vor Spott einzubringen.

4. Challenger Safety: Das Gefühl, sicher genug zu sein, um hierarchieübergreifend Ideen in Frage zu stellen und wesentliche Veränderungen vorzuschlagen.

Obwohl wissenschaftliche Belege für diese Stufen (noch) fehlen, helfen sie dabei, das Konzept der psychologischen Sicherheit fassbarer und strukturierter darzustellen.

Auswirkungen von psychologischer Sicherheit

Amy C. Edmondson hat nachgewiesen, dass Teams, die psychologische Sicherheit erfahren, hinsichtlich ihres Lernens und ihrer Ergebnisse erfolgreicher sind. Ein Klima der psychologischen Sicherheit ermöglicht echtes Lernen, fördert Innovation und erlaubt Teams, neue Ideen gleichermaßen zu begrüßen als auch sie zu hinterfragen. Dadurch entsteht eine Resilienz im Team, welche das Wohlbefinden aller steigert und zur Entfaltung von Eigenmotivation beiträgt. Psychologische Sicherheit ist somit ein Schlüsselelement für Innovation, Veränderung und Anpassungsfähigkeit.

Indikatoren und Förderung von psychologischer Sicherheit

Psychologische Sicherheit manifestiert sich nicht als einfacher Schalter, sondern eher als Regler, der zeigt, wie sicher oder unsicher ein System ist. Es gibt verschiedene Indikatoren, die auf ein psychologisch sicheres Umfeld hinweisen, wie z.B. aktive Teilnahme in Meetings, konstruktives Feedback, ständige Weiterentwicklung und mutige Entscheidungen. Maßnahmen zur aktiven Förderung von psychologischer Sicherheit sind: das Kennenlernen, Feedbackrunden, die Förderung informeller Kommunikation und die Etablierung konkreter Feedbackrituale. Nicht zuletzt geht es darum, ein übergreifendes Umfeld zu schaffen, in dem Menschen sich und ihre Persönlichkeit zeigen und so auch ungewöhnliche Ideen einbringen können, um eine stetige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Das gegenseitige Wohlwollen und die gegenseitige Wertschätzung sowie aufrichtige Kommunikation sind hierfür unabdingbar.

Zusammenfassung

Zusammengefasst meint psychologische Sicherheit in Teams und Unternehmen ein Umfeld, in dem Menschen sich zeigen und ihre Persönlichkeiten einbringen können. Sie fühlen sich wertgeschätzt und zugehörig, trauen sich Fehler zu machen und äußern offen ihre Meinungen. Ein konstruktiver Dialog ermöglicht es, Entscheidungen, Ideen und Pläne zu hinterfragen, was essenziell für die Innovationsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit von Teams und Organisationen ist. Dies klingt zunächst vielleicht eher trivial — bei der näheren Betrachtung der Zusammenarbeit zeigt sich allerdings häufiger, dass diese Kultur in Teams und Organisationen oft nur oberflächlich vorhanden ist und es ihr an Tiefe mangelt.


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